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Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der
Schweiz haben
sich zur diesjährigen Jahrestagung in Bonn eingefunden, um zum Thema „Recht und Rechtskonzeptionen in der Alten
Kirche“ Vorträge zu hören, Texte zu lesen und das Gelesene zu
diskutieren.
Den
Eröffnungsvortrag zum Thema „Die Anfänge des synodalen Kirchenrechts“
hielt am
Freitagabend Prof. Dr. Georg Schöllgen im Senatssaal der Universität
Bonn. Er
gab uns einen ersten Einblick in die Themen und Fragen, die uns an
diesem
Wochenende begleiten sollten: Wie kommt es in der frühen Kirche, die
zunächst
über kein gemeindeübergreifendes Institut der Verbindlichkeit verfügt,
zur
Entstehung rechtlicher Bestimmungen und Strukturen? Prof. Schöllgen
stellte
Schlüsseltexte zur Entstehung und zum Selbstverständnis der Synoden
vor.
Hierbei ging er u. a. der Frage nach, wie Synoden Autorität erlangten,
und
konnte aufzeigen, dass hierfür die Anzahl der auf einer
Bischofsversammlung
anwesenden Bischöfe entscheidend war: Die Autorität einer Synode ergibt
sich
aus der Summe der bischöflichen Einzelautoritäten.
Die
erste Hälfte
des Samstages war Vorträgen zu Einzelthemen des frühen Kirchenrechts
gewidmet.
Christian Hornung machte uns mit „Form und Stil römisch-bischöflicher
Schreiben
im vierten und fünften Jahrhundert“ vertraut. Die Wende vom 4. zum 5.
Jahrhundert markiert für die römische Bischofsgeschichte eine deutliche
Zäsur;
der römische Bischof beansprucht jetzt mehr und mehr einen
gesamtkirchlichen
Vorrang für den Westen und den Osten. Briefe, die er zumeist als
Antworten in
die verschiedenen Regionen der Oikumene verschickt, haben eine Form und
einen
Stil, die von den kaiserlichen Konstitutionen her bekannt sind. Der
römische
Bischof nimmt damit formal in der Kirche die Position ein, die der
Kaiser im
Römischen Reich hat, so Hornungs pointierte These.
Teodor
Tăbuş
geleitete uns dann zeitlich einige Jahrhunderte weiter, in die Zeit
Justinians.
Anhand ausgewählter Beispiele führte er uns die Religionsgesetzgebung
des
Kaisers vor Augen. Das Thema seines Vortrags lautete „Die kaiserliche
Gesetzgebung als Festigung des Kaisertums am Beispiel Justinians“.
Tăbuş zeigte
auf, wie Justinians politisches Handeln durch sein religiöses
Bekenntnis bestimmt
ist, das letztlich eine konsistente Religionsgesetzgebung stimuliert.
Weil
ein weiterer
geplanter Vortrag kurzfristig abgesagt werden musste, hat das Bonner
Planungsteam spontan umdisponiert und die Gruppe stattdessen durch die
Redaktionsräume und die Bibliothek des Franz Joseph Dölger-Instituts
zur
Erforschung der Spätantike geführt. Dieser improvisierte Programmpunkt
erwies
sich als echtes Highlight, da alle Freude daran hatten, die
Geburtsstätte des
als „Hilfsmittel“ für unsere Zunft unentbehrlichen Reallexikons für
Antike und
Christentums zu sehen.
In
Anknüpfung an
bewährte Traditionen durfte die Arbeit an Quellentexten natürlich nicht
fehlen.
Der Nachmittag gehörte drei Lektüre- und Diskussionsworkshops zu den
drei
Säulen des frühen Kirchenrechts: Die sog. Kirchenordnungen (Christine
Mühlenkamp); Synodenprotokolle und -canones (Andreas Weckwerth);
römisch-bischöfliche Schreiben (Christian Hornung). Auf diese Weise
konnte man
Texte, die nicht im Fokus der eigenen Forschungsarbeit stehen,
kennenlernen,
aber auch vermeintlich Wohlbekanntes mit der Perspektive der anderen
neu
beleuchten.
Neben
der
thematischen Arbeit spielt der persönliche Austausch untereinander bei
den
Tagungen des AKs eine wichtige und schöne Rolle: Man setzt einander ins
Bild
über eigene Projekte, aktuelle Forschungsthemen, Neuigkeiten von den
verschiedenen Lehrstühlen und Instituten in Deutschland und darüber
hinaus.
Dazu war jeweils abends Gelegenheit, sei es in einer Bonner
Lieblingspizzeria,
auf einem stadthistorischen Rundgang durch das frühlingsgrüne Bonn
(geführt von
Markus Dockter) oder im Sälchen einer bewährten Kölschkneipe.
Am
Sonntag hielt
Prof. Dr. Ernst Dassmann im Rahmen der Gemeindemesse in der Bonner
Pfarrkirche
St. Marien eine „patristische Predigt“ zum Tagesevangelium vom Guten
Hirten.
Dabei sprach er nicht nur über die Auslegung der Perikope bei
Augustinus,
sondern umriss auch der Gemeinde die Patristik und ihr Anliegen in so
prägnanten und gut gesetzten Worten, dass die Teilnehmer der
Jahrestagung
einander angetan zunicken mussten.
Der
anschließende
Ausklang beim Mittagessen in einem bahnhofsnahen Café stand denn auch
schon im
Zeichen der Vorfreude auf die Jahrestagung 2014. Diese wird vom 4.-6.
April in Heidelberg zum Thema „Ausprägungen christlicher Ethik in
der Alten Kirche“ stattfinden.
Der
Gemeinschaft der Freunde und Förderer der Katholisch-Theologischen
Fakultät, die die Ausrichtung der Tagung mit einer großzügigen
finanziellen Unterstützung möglich gemacht hat, sei von Seiten der
Organisatoren ein herzlicher Dank ausgesprochen!

Vor dem Bonner Münster (von links nach
rechts): Hanno Dockter, Gregor Emmenegger, Teodor Tăbuş, Anneliese
Felber, Tatjana Bink, Christian Hornung, Felix Resch, Daniel Weisser,
Sara Stöcklin, Notker Baumann, Katharina Pultar, Theresa Nesselrath,
Esther Verwold, Sarah Pelzer, Se Bin Kim, Christine Mühlenkamp; es
fehlen Alfred Breitenbach, Christian Gers-Uphaus, Christopher Nunn,
Andreas Weckwerth.