ARBEITSKREIS PATRISTIK

Startseite Bericht 2011 Bericht 2012 Bericht 2013
Bericht 2014
Bericht 2015
Bericht 2018 Bericht 2019 Bericht 2021


Bericht über die Jahrestagung des Arbeitskreises Patristik 2012

Von Luise Ahmed, Münster

Die Teilnehmer der AK Patristik Jahrestagung 2012Zur Jahrestagung 2012 des AK Patristik (20. bis 22. April) trafen sich 31 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU Münster, um Beiträge zum Thema „Monotheistische Denkfiguren bei den Kirchenvätern“ zu hören und zu diskutieren. Organisiert wurde die Tagung in diesem Jahr von Luise Ahmed, Christian Gers-Uphaus, Stefan Klug und Markus Kreye.

Am Freitagabend begrüßte Christian Gers-Uphaus die Gäste und führte kurz in das anstehende Thema ein. Dabei wies er insbesondere darauf hin, dass der antike Monotheismus als Diskussionsfeld mit verschiedenen Zentren zu verstehen sei: Jüdischer, paganer und christlicher Monotheismus, Monolatrie und Henotheismus, antike Kultpraxis und intellektueller Diskurs seien Begriffe bzw. Gegebenheiten, die in diesem Feld zu beachten seien.

Im Anschluss hielt Alfons Fürst den Eröffnungsvortrag unter dem Titel „Die Rhetorik des Monotheismus im Römischen Reich“. Er problematisierte den Begriff Monotheismus als allzu sehr klassifizierend, den Blick auf die Lebenswirklichkeit der Antike eher verstellend. Als Alternative schlug er vor, stattdessen über die Rhetorik des Monotheismus zu reden, monotheistische Denkfiguren also als Argumente zu betrachten, die je eine bestimmte Position plausibel machen sollen. Dies demonstrierte er an Fallstudien bei Minucius Felix, Cicero und Plutarch: Alle drei Autoren schrieben eine Philosophiegeschichte auf der Grundlage (nahezu) derselben Autoritäten, ihr Grundanliegen sei aber je ein anderes, nämlich der christliche Monotheismus, die akademische Skepsis bzw. der weltanschauliche Dualismus.

Der Samstag wurde von sechs Referentinnen und Referenten gestaltet. Sara Stöcklin-Kaldewey begann mit ihrem Vortrag „Göttliche Hierarchie und Aufgabenteilung bei Julian“, in dem sie die These vertrat, dass monotheistische Denkfiguren bei Julian nicht – wie oft behauptet – zentral gewesen seien, sondern ihm im Gegenteil der Erhalt der traditionellen polytheistischen Formen, auch in Abgrenzung zum Christentum, ein Anliegen war. In seinem dreistufigen Göttermodell spielten v.a. die noerischen, subjekthaften Götter eine zentrale Rolle, deren Verschiedenheit untereinander Julian durch die Behauptung ihrer Individualität, Hierarchie und Aufgabenteilung sichere.

In ihrem Vortrag „Ianus, Annus und Sol oder aeternus omnium genitor? Vorstellungen vom Göttlichen in den Precationes variae und der Gratiarum actio des Ausonius“ warnte Nicola Hömke davor, von theologischen Aussagen in den Schriften des Ausonius auf dessen persönliche Religiosität schließen zu wollen. Dass man bei ihm polytheistische, unbestimmt monotheistische und dezidiert christliche Elemente finde, hänge ganz vom jeweiligen Sprechkontext und der Textgattung ab.

Christian Müller machte sich dann in seinem Vortrag „Aggressiver Polytheismus? – Monotheismus als (k)ein Thema in christlichen Märtyrerakten“ auf die Suche nach monotheistischen Denkfiguren in den Märtyrerakten. Unter anderem stellte er fest, dass Monotheismus nicht immer ein Thema sei und entweder dann zur Sprache komme, wenn Gott explizit als einer benannt oder durch die Abgrenzung von mehreren Göttern die Existenz eines einzigen impliziert werde. In dem Grundschema der dialogischen Akten (Frage: „Bist du Christ?“ – Antwort: „Ja.“) spiele das Thema Monotheismus jedenfalls keine Rolle.

Nach der Mittagspause stellte Andrea Villani bei der Untersuchung „Tertullianischer Variationen zum Thema Monotheismus“ fest, dass Tertullian im Hinblick auf dieses Thema zwar grundsätzlich an den Vorgaben der regula fidei festhalte, seine Denkfiguren dazu aber immer an die jeweiligen Adressaten anpasse. So lege er in der Diskussion mit paganen Gegnern Wert auf das Zeugnis der Seele für den einen Gott, im Streit mit Markion und Hermogenes auf die Einheit des einen Gottes und in der Auseinandersetzung mit Praxeas auf die Vereinbarkeit von trinitarischem und monotheistischem Denken.

Christoph Bruns präsentierte „Überlegungen zum Subordinatianismus in der Trinitätslehre des Origenes ausgehend von seiner Deutung der Einheit von Vater und Sohn“. Unter Rekurs auf Contra Celsum, den Johanneskommentar und das Gespräch mit Bischof Herakleides vertrat er die These, Origenes nehme zur Beschreibung des Vater-Sohn-Verhältnisses das platonische ontologische Stufenmodell zur Hilfe, um die Eigenständigkeit beider zu sichern, begreife ihre Einheit aber biblisch inspiriert –der Sache nach ganz nizänisch – als wesenhaft. Der Grund dieser Wesenseinheit sowie der Göttlichkeit des Sohnes liege in der ersten Hypostase, der des Vaters.

Als letzter referierte Martin Mayerhofer. In seinem Vortrag „Vom christlichen Monotheismus zum monotropen Christen. Monotheistisch geprägte Denkfiguren bei Basilius von Cäsarea“ machte er sich auf die Suche nach monotheistisch geprägten Themen bei Basilius. Dabei berichtete er von Auseinandersetzungen mit paganer Frömmigkeit innerhalb und außerhalb der Gemeinde sowie von innerchristlichen, trinitarischen Streitigkeiten. Schließlich stellte er dar, wie Basilius die ethische Forderung nach einem einfachen Leben über den Gedanken der Gottesebenbildlichkeit von der Vorstellung eines einfachen Gottes ableite.

Nachdem die einzelnen Vorträge schon jeweils im Anschluss kurz diskutiert worden waren, kamen zentrale, übergeordnete Fragen in der Abschlussdiskussion zur Sprache: Ist die Unterscheidung zwischen Polytheismus und Monotheismus angemessen? Was für Alternativen gibt es? Wie verhalten sich Rhetorik und Logik/Wahrheit des Monotheismus zueinander? Inwiefern sind monotheistische Denkfiguren interessiert an der Theodizee? Bedeutet Christ sein in der Antike vor allem, ein Monotheist zu sein? Inwiefern gibt es einen Zusammenhang zwischen monotheistischen Denkfiguren und der Ethik bzw. sozialen Strukturen? Diese Fragen wurden gestellt und besprochen, aber (selbstverständlich) nicht abschließend beantwortet.

Ihren Abschluss fand die Tagung am Sonntagvormittag mit einer Stadtführung. Annegret Pietron-Menges zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern u.a. den Domplatz, die Lamberti- und Clemenskirche, das Rathaus, den Erbdrostenhof und viele kleine Details an den historischen Gebäuden von Münster.

Die Vorträge der Referentinnen und Referenten sollen, ergänzt um Beiträge einzelner Teilnehmerinnen und Teilnehmer, im nächsten Jahr in einem Tagungsband veröffentlicht werden.


 
Bericht im PDF-Format
» Tagungsband: Monotheistische Denkfiguren in der Spätantike (Mohr Siebeck 2013)

Veröffentlicht: 08.05.2012Kontakt zum Veranstalterteam 2012Letzte Änderung: 05.10.2014


» Impressum