Zur
Jahrestagung 2012 des AK Patristik (20. bis 22. April) trafen sich 31
Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Katholisch-Theologischen Fakultät der WWU
Münster, um Beiträge zum Thema „Monotheistische Denkfiguren bei den Kirchenvätern“
zu hören und zu diskutieren. Organisiert wurde die Tagung in diesem Jahr von
Luise Ahmed, Christian Gers-Uphaus, Stefan Klug und Markus Kreye.
Am
Freitagabend begrüßte Christian Gers-Uphaus die Gäste und führte kurz in das
anstehende Thema ein. Dabei wies er insbesondere darauf hin, dass der antike
Monotheismus als Diskussionsfeld mit verschiedenen Zentren zu verstehen sei: Jüdischer,
paganer und christlicher Monotheismus, Monolatrie und Henotheismus, antike
Kultpraxis und intellektueller Diskurs seien Begriffe bzw. Gegebenheiten, die
in diesem Feld zu beachten seien.
Im Anschluss
hielt Alfons Fürst den Eröffnungsvortrag unter dem Titel „Die Rhetorik des
Monotheismus im Römischen Reich“. Er problematisierte den Begriff Monotheismus
als allzu sehr klassifizierend, den Blick auf die Lebenswirklichkeit der Antike
eher verstellend. Als Alternative schlug er vor, stattdessen über die Rhetorik
des Monotheismus zu reden, monotheistische Denkfiguren also als Argumente zu
betrachten, die je eine bestimmte Position plausibel machen sollen. Dies demonstrierte
er an Fallstudien bei Minucius Felix, Cicero und Plutarch: Alle drei Autoren
schrieben eine Philosophiegeschichte auf der Grundlage (nahezu) derselben
Autoritäten, ihr Grundanliegen sei aber je ein anderes, nämlich der christliche
Monotheismus, die akademische Skepsis bzw. der weltanschauliche Dualismus.
Der Samstag
wurde von sechs Referentinnen und Referenten gestaltet. Sara Stöcklin-Kaldewey
begann mit ihrem Vortrag „Göttliche Hierarchie und Aufgabenteilung bei Julian“,
in dem sie die These vertrat, dass monotheistische Denkfiguren bei Julian nicht
– wie oft behauptet – zentral gewesen seien, sondern ihm im Gegenteil der
Erhalt der traditionellen polytheistischen Formen, auch in Abgrenzung zum
Christentum, ein Anliegen war. In seinem dreistufigen Göttermodell spielten
v.a. die noerischen, subjekthaften Götter eine zentrale Rolle, deren
Verschiedenheit untereinander Julian durch die Behauptung ihrer Individualität,
Hierarchie und Aufgabenteilung sichere.
In ihrem
Vortrag „Ianus, Annus und Sol oder aeternus
omnium genitor? Vorstellungen vom Göttlichen in den Precationes variae und der Gratiarum
actio des Ausonius“ warnte Nicola Hömke davor, von theologischen Aussagen
in den Schriften des Ausonius auf dessen persönliche Religiosität schließen zu
wollen. Dass man bei ihm polytheistische, unbestimmt monotheistische und
dezidiert christliche Elemente finde, hänge ganz vom jeweiligen Sprechkontext
und der Textgattung ab.
Christian
Müller machte sich dann in seinem Vortrag „Aggressiver Polytheismus? –
Monotheismus als (k)ein Thema in christlichen Märtyrerakten“ auf die Suche nach
monotheistischen Denkfiguren in den Märtyrerakten. Unter anderem stellte er
fest, dass Monotheismus nicht immer ein Thema sei und entweder dann zur Sprache
komme, wenn Gott explizit als einer benannt oder durch die Abgrenzung von
mehreren Göttern die Existenz eines einzigen impliziert werde. In dem
Grundschema der dialogischen Akten (Frage: „Bist du Christ?“ – Antwort: „Ja.“)
spiele das Thema Monotheismus jedenfalls keine Rolle.
Nach der
Mittagspause stellte Andrea Villani bei der Untersuchung „Tertullianischer
Variationen zum Thema
Monotheismus“ fest, dass Tertullian im Hinblick auf dieses Thema zwar
grundsätzlich an den Vorgaben der regula
fidei festhalte, seine Denkfiguren dazu aber immer an die jeweiligen
Adressaten anpasse. So lege er in der Diskussion mit paganen Gegnern Wert auf
das Zeugnis der Seele für den einen Gott, im Streit mit Markion und Hermogenes
auf die Einheit des einen Gottes und in der Auseinandersetzung mit Praxeas auf
die Vereinbarkeit von trinitarischem und monotheistischem Denken.
Christoph
Bruns präsentierte „Überlegungen zum Subordinatianismus in der Trinitätslehre
des Origenes ausgehend von seiner Deutung der Einheit von Vater und Sohn“.
Unter Rekurs auf Contra Celsum, den
Johanneskommentar und das Gespräch mit Bischof Herakleides vertrat er die
These, Origenes nehme zur Beschreibung des Vater-Sohn-Verhältnisses das
platonische ontologische Stufenmodell zur Hilfe, um die Eigenständigkeit beider
zu sichern, begreife ihre Einheit aber biblisch inspiriert –der Sache nach ganz
nizänisch – als wesenhaft. Der Grund dieser Wesenseinheit sowie der
Göttlichkeit des Sohnes liege in der ersten Hypostase, der des Vaters.
Als letzter
referierte Martin Mayerhofer. In seinem Vortrag „Vom christlichen Monotheismus
zum monotropen Christen. Monotheistisch geprägte Denkfiguren bei Basilius von
Cäsarea“ machte er sich auf die Suche nach monotheistisch geprägten Themen bei
Basilius. Dabei berichtete er von Auseinandersetzungen mit paganer Frömmigkeit
innerhalb und außerhalb der Gemeinde sowie von innerchristlichen, trinitarischen
Streitigkeiten. Schließlich stellte er dar, wie Basilius die ethische Forderung
nach einem einfachen Leben über den Gedanken der Gottesebenbildlichkeit von der
Vorstellung eines einfachen Gottes ableite.
Nachdem die
einzelnen Vorträge schon jeweils im Anschluss kurz diskutiert worden waren, kamen
zentrale, übergeordnete Fragen in der Abschlussdiskussion zur Sprache: Ist die
Unterscheidung zwischen Polytheismus und Monotheismus angemessen? Was für
Alternativen gibt es? Wie verhalten sich Rhetorik und Logik/Wahrheit des
Monotheismus zueinander? Inwiefern sind monotheistische Denkfiguren
interessiert an der Theodizee? Bedeutet Christ sein in der Antike vor allem,
ein Monotheist zu sein? Inwiefern gibt es einen Zusammenhang zwischen
monotheistischen Denkfiguren und der Ethik bzw. sozialen Strukturen? Diese
Fragen wurden gestellt und besprochen, aber (selbstverständlich) nicht
abschließend beantwortet.
Ihren
Abschluss fand die Tagung am Sonntagvormittag mit einer Stadtführung. Annegret Pietron-Menges
zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern u.a. den Domplatz, die Lamberti- und
Clemenskirche, das Rathaus, den Erbdrostenhof und viele kleine Details an den
historischen Gebäuden von Münster.
Die
Vorträge der Referentinnen und Referenten sollen, ergänzt um Beiträge
einzelner Teilnehmerinnen und Teilnehmer, im nächsten Jahr in einem
Tagungsband veröffentlicht werden.