Bericht
über die Jahrestagung des Arbeitskreises Patristik 2011
Von
Johannes Breuer, Mainz
Der
1991 ins Leben gerufene Arbeitskreis Patristik ist ein Forum für an den
Kirchenvätern interessierte Nachwuchswissenschaftler(-innen)
verschiedenster Disziplinen, u.a. der Theologie, der Philosophie, der
Kirchengeschichte und der Klassischen Philologie. Dem Austausch und der
gegenseitigen Anregung dienen in erster Linie die Jahrestagungen, die
an unterschiedlichen Orten jeweils unter einem Rahmenthema abgehalten
werden. Ein zentrales Anliegen ist hierbei das Arbeiten an konkreten
Texten, weshalb sich auch Impulsreferate und „moderierte Textarbeit“
als Arbeitsformen bewährt haben.
Die
Jahrestagung 2011, die sich dem Thema „Kommunikations- und Streitkultur
in der frühen Kirche“ widmete, fand vom 8. bis 10. April in Mainz unter
der Leitung von Johannes Breuer, Anna Theresa Cibis und Rebekka
Schirner statt. Nach einer Führung durch den Isis-Tempel und einem
Spaziergang durch das römische Mainz am Freitagnachmittag bildete der
Vortrag „Den Honig vom Becherrand entfernen. Einige hermeneutische
Überlegungen zu patristischen Texten am Beispiel des Lactantius“ von
Jochen Walter (Mainz) den Auftakt des Programmes. Ausgehend von den
Honigbechergleichnissen bei Lukrez und Laktanz zeigte Herr Walter
relevante rhetorische Strategien in frühchristlichen Texten auf und
setzte diese in Beziehung zur Forschungsdiskussion um die vermeintliche
„Synthese“ von Antike und Christentum. Für die praktische Arbeit an
patristischen Texten ergab sich die allgemeine Notwendigkeit, jeden
Text, jeden Satz, jeden Gedanken einzeln auf Phänomene wie condescensio und chrêsis zu prüfen,
statt a priori
die Ubiquität solcher Phänomene zu postulieren.
Am
Samstag wurden vier Vorträge gehalten: Frau Luise Ahmed (Münster)
sprach zum Thema: „Streiten mit den oder über die Anderen? Christliches
Sprechen über heidnische Gegner bei den Apologeten Tertullian und
Firmicus Maternus“. Dabei untersuchte sie insbesondere, welche Bilder
die christlichen Apologeten von den Heiden zeichnen, mit welchen
Attributen sie sie belegen und welche Funktionen diese Bilder von den
Anderen auf der Textebene und auf der Ebene des Autors erfüllen. Herr
Stefan Klug (ebenfalls Münster) wob unter dem Titel „Unter Freunden?
Athanasius von Alexandria und die römischen Bischöfe in den arianischen
Streitigkeiten des 4. Jahrhunderts“ durch steten Rückgriff auf die
Primärquellen ein dichtes Netz der Ereignis- und Geistesgeschichte des
4. Jahrhunderts. Einem ganz anderen Thema widmete sich Herr Helmut Seng
(Frankfurt am Main/Konstanz): In seinem Vortrag „Polemik als elementare
Belehrung: De
pulchritudine mundi (Augustinus, liber XXI sententiarum,
16)“ stellte er ein metrisch und inhaltlich sehr anspruchsvolles, unter
dem Namen Augustins überliefertes Lehrgedicht vor, in dem ein Adressat
in unterschiedlicher Weise polemisch apostrophiert wird. Neben der
Illustration dieser Techniken leistete Herr Seng überdies eine
philosophiegeschichtliche Einordnung der vorgetragenen
naturphilosophischen Aussagen. Schließlich stellte Frau Regina Heyder
(Bonn) das Projekt „Disput und Disziplin – Biblische Normierungen einer
kirchlichen Streitkultur von der Spätantike bis zum 12. Jahrhundert“
vor, in dem die Entwicklung von Formen der Regulierung von
Auseinandersetzungen unter Christen von der Spätantike bis ins
Mittelalter vor dem Hintergrund biblischer Normierungen und
philosophischer Traditionen untersucht wird. Ausgangspunkt ist hierbei
die Exegese entsprechender Bibelstellen bei den lateinischen
Kirchenlehrern, während Bibelkommentare des 9. und des 12. Jahrhunderts
die Schwerpunkte der anschließenden exegesegeschichtlichen Analyse
bilden. Den Abschluss der Veranstaltung bildete am Sonntagvormittag der
Vortrag von Herrn Elmar Kalthoff (Kaarst) „Der Hodegos
des Anastasius vom Sinai als Beispiel für die Kommunikations- und
Streitkultur im siebten Jahrhundert“. Darin hob er zahlreiche wichtige
Züge dieses Werkes hervor, u.a. hinsichtlich seiner
geistesgeschichtlichen Stellung und seiner Wirkungsabsichten, aber auch
im Blick auf das Zusammenwirken von Text und bildlicher Illustration,
Tradierungsanweisungen für künftige Kopisten und sogar ikonographische
Auswirkungen auf Christusdarstellungen. An alle Vorträge schlossen sich
rege und engagierte Diskussionen an.
Die
nächste Tagung wird unter dem Rahmenthema „Monotheistische Denkfiguren
bei den Kirchenvätern“ vom 20.-22. April 2012 in Münster stattfinden.
Nähere Informationen hierzu sowie einen Überblick über die Themen und
Orte der letzten Jahrestagungen bietet die Homepage des AK Patristik (www.ak-patristik.de),
wo es auch die Möglichkeit gibt, einer Mailingliste beizutreten.